Eine Frau schreibt Geschichte bei den Feuerwehren im Landkreis Altötting

Mit Lisa Vorbuchner von der Freiwilligen Feuerwehr Kastl wird erstmals eine Frau in das anspruchsvolle Amt der Schiedsrichterin für Leistungsprüfungen im Landkreis Altötting berufen. Die Kreisbrandinspektion würdigt diesen Schritt als zukunftsweisendes Signal und ist sichtlich stolz auf die neue Vorbildfunktion. Auch Thomas Weber von der Feuerwehr Burghausen verstärkt das Schiedsrichterteam.

Landkreis Altötting. Es sind Momente, die in die Chroniken des Kreisfeuerwehrverbandes Altötting eingehen werden. Bei der Kommandantenversammlung am 02. Juni 2025 im Ketteler-Saal in Burgkirchen a.d.Alz wurde eine Personalie bekannt gegeben, die für ein Raunen und anerkennendes Nicken in den Reihen der versammelten Führungskräfte sorgte: Lisa Vorbuchner, eine engagierte Feuerwehrfrau aus Kastl, wurde offiziell als erste Schiedsrichterin in der Geschichte des Landkreises vorgestellt. Ein historischer Augenblick, der nicht nur die wachsende Bedeutung von Frauen in den Einsatzabteilungen unterstreicht, sondern auch ein kraftvolles Zeichen für Gleichberechtigung und Modernität setzt.

Der Weg zur Pionierin

Für Lisa Vorbuchner ist die Berufung die Krönung eines Weges, der von Engagement, Fachwissen und Leidenschaft für das Feuerwehrwesen geprägt ist. Die Anforderungen an Schiedsrichter sind hoch: Neben der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zum Gruppenführer ist ein mehrtägiger, intensiver Lehrgang an einer der staatlichen Feuerwehrschulen in Bayern zu absolvieren. Hier werden die Anwärter auf Herz und Nieren geprüft, denn sie müssen die komplexen und umfangreichen Feuerwehrdienstvorschriften (FwDV), insbesondere die FwDV 3 „Einheiten im Lösch- und Hilfeleistungseinsatz“, nicht nur kennen, sondern im Schlaf beherrschen. Nur so kann eine faire, objektive und vorschriftsgemäße Bewertung bei den Leistungsprüfungen gewährleistet werden. Lisa Vorbuchner stellt sich diesem anspruchsvollen Weg und steht nun als erste Frau im Landkreis Altötting bereit, diese verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen.

Die tragende Säule der Ausbildung: Leistungsprüfungen

Die Leistungsprüfungen sind das Rückgrat der praktischen Feuerwehrausbildung im Freistaat. Seit ihrer Einführung im Jahr 1959 haben sie sich als unverzichtbares Instrument zur Standardisierung und Qualitätssicherung etabliert. Ob bei der „Gruppe im Löscheinsatz“ (Varianten mit Wasserentnahme aus Hydranten oder offenen Gewässern) oder der „Gruppe im Hilfeleistungseinsatz“ (THL) – stets geht es darum, einen Einsatzablauf unter Zeitdruck, aber ohne Hektik, präzise und fehlerfrei abzuarbeiten. Der Fokus liegt dabei auf der Leistung des gesamten Teams. Jeder Handgriff muss sitzen, die Befehlskette eingehalten und die Sicherheit der Mannschaft jederzeit gewährleistet werden. Die Abzeichen, die von Bronze bis zur höchsten Stufe Gold-Rot reichen, sind nicht nur ein sichtbares Zeichen für die erbrachte Leistung, sondern vor allem ein Beleg für unzählige Stunden des Übens und der intensiven Vorbereitung in den einzelnen Wehren.

Auch für den Nachwuchs gibt es mit der Jugendleistungsprüfung einen wichtigen Baustein, der die Jugendlichen spielerisch an die Aufgaben der Feuerwehr heranführt.

Ein starkes Team für die Sicherheit

Das Schiedsrichterteam im Landkreis Altötting, dem nun auch Thomas Weber von der Feuerwehr Burghausen als neuer Kollege angehört, leistet einen unschätzbaren Beitrag zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Unter der erfahrenen Leitung von Kreisbrandinspektor Andreas Spindler sind die 13 Schiedsrichter, die sich aus den Feuerwehren Burghausen, Altötting, Mehring und Kastl rekrutieren, an 40 bis 50 Terminen pro Jahr im gesamten Kreisgebiet im Einsatz. Zu diesem beeindruckenden Pensum gehören auch rund zehn Abnahmen pro Jahr mit den Kameradinnen und Kameraden aus dem benachbarten Österreich, die traditionell am Abnahmeort Burghausen stattfinden. Nach Feierabend opfern sie ihre Freizeit, um bei Wind und Wetter die Leistungsprüfungen abzunehmen. Ihr ehrenamtliches Engagement ist die Grundlage dafür, dass das hohe Ausbildungsniveau in den 38 Freiwilligen Feuerwehren des Landkreises gehalten und stetig verbessert wird.

Eine Tradition, die verpflichtet: Die Familie Spindler

Diese gelebte, grenzüberschreitende Kameradschaft ist untrennbar mit dem Namen Spindler verbunden. Der Vater des heutigen Kreisbrandinspektors, der ehemalige und weithin geschätzte Kreisbrandinspektor Fritz Spindler, war die prägende Figur für die Schiedsrichter im Landkreis. Er legte nicht nur den Grundstein für das System, sondern war auch der Wegbereiter für die Kooperation mit den österreichischen Feuerwehren. Sein Sohn, KBI Andreas Spindler, ist in diese großen Fußstapfen getreten und führt das Erbe seines Vaters mit ebenso großem Engagement und Weitblick fort, indem er dieses wichtige Ehrenamt pflegt und modernisiert.

 Ein Signal für die Zukunft

Die Ernennung von Lisa Vorbuchner zur ersten Schiedsrichterin ist mehr als nur eine Randnotiz. Sie ist ein starkes Signal nach innen und außen. Sie zeigt jungen Frauen, dass ihnen in der Feuerwehr alle Wege offenstehen und dass Leistung und Engagement sich auszahlen, unabhängig vom Geschlecht. Für die Feuerwehren im Landkreis Altötting ist dieser Schritt ein Beweis für ihre Modernität und ihre Fähigkeit, mit der Zeit zu gehen. Es ist ein Meilenstein, der hoffentlich viele Nachahmerinnen finden wird und die Wehren noch vielfältiger, stärker und zukunftsfähiger macht. Der Stolz der Kreisbrandinspektion auf ihre neue Pionierin ist daher mehr als berechtigt – er ist ein Ausdruck der Anerkennung für eine besondere Leistung und ein Versprechen für eine moderne Zukunft des Feuerwehrwesens in der Region.

Die neue Schiedsrichterin Lisa Vorbuchner achtet genau auf die Richtigkeit des am Strahlrohr angebrachten Knoten, (ein Mastwurf mit Halbschlag).

Kreisbrandinspektor Andreas Spindler trägt zusammen mit seinen Kollegen die Ergebnisse der Leistungsprüfung im Bewertungsblatt ein.

Neben den Knoten & Stichen sind beim Löschaufbau auch einige Dinge zu beachten – hier beispielsweise die eingestellte Durchflussmenge beim Strahlrohr.

Da für die Leistungsprüfung nur eine bestimmte Zeit zur Verfügung steht, müssen die Teilnehmer zügig handeln – unter Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften.